Fanny Mendelssohn Hensel
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1805-1847 |
Frühling |
Nadia Boulanger |
1887-1979 |
Le Couteau |
Lili Boulanger
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1893-1918 |
Reflets |
Amy Mary Cheney Beach
Three Browning songs… |
1867-1944 |
The year is at the spring A love but a day I send my heart up to thee
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Liza Lehmann |
1862-1918 |
Aus: Cobwebb Castle Klavier solo… 4 Movements
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Cécile Chaminade |
1857-1944 |
Mignonne Ecrin Mots d`amour
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Alma Mahler
5 Lieder
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1879-1964 |
Die stille Stadt In meines Vaters Garten Laue Sommernacht Bei dir ist es traut Ich wandle unter Blumen |
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Poldowski Lady Dean Paul |
1879-1932 |
L´heure exquise Colombine |
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Dora Pejačević |
1885-1923 |
Sicheres Merkmal Vereinsamt Venedig
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Germaine Tailleferre |
1892-1983 |
Souvent un air de verite Non, la fidelite Les trois présents
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Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir freuen uns sehr, Sie heute Abend bei unserem Konzert begrüßen zu dürfen. Der Titel unseres Programms lautet:
"Komponistinnen gegen den Strom“
Wie schön, dass Sie heute Abend mit uns diesen besonderen Anlass feiern. Denn heute, der 8. März, ist Internationalen Frauentag. Ein Tag, der uns daran erinnert, wie wichtig es ist, die Errungenschaften von Frauen zu würdigen, ihre Stimmen zu hören und ihre Beiträge in allen Bereichen des Lebens sichtbar zu machen – auch in der Musik.
Die Geschichte der Musik war über viele Jahrhunderte hinweg von ausschließlich Männer geprägt. Frauen, die komponierten, wurden oft ignoriert, unterschätzt oder einfach vergessen. Sie blieben im Schatten der männlichen Kollegen, und ihre Namen fanden selten den Weg in die großen Geschichtsbücher. Es ist aber schön wahr zu nehmen, dass heutzutage einen wiederbeleben dessen Musik stattfindet. Namen wie Ina Doyle, Emilie Mayer oder Florence Price, eine Afro-Amerikanische Komponistin und Augusta Holmès hört man jetzt regelmäßig im Radio vorbeikommen. Mit Recht! Denn diese Musik ist nicht nur schön; sie ist ein Zeichen dafür, dass die Kunst – wie das Leben – von Vielfalt lebt, von den verschiedenen Perspektiven und Erfahrungen, die uns alle als Menschen ausmachen.
Wir haben angefangen mit dem Lied „Frühling“ von Fanny Hensel Mendelssohn. Sie war die Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy und wurde in eine wohlhabende, gebildete Familie hineingeboren. Ihr Talent wurde zwar früh erkannt, doch als Frau war es ihr nicht erlaubt, eine öffentliche Karriere als Komponistin zu verfolgen. Ihr Vater schrieb ihr einmal:
"Die Musik mag vielleicht für Felix ein Beruf sein, für dich aber kann und soll sie nur Zierde sein."
Dennoch komponierte sie unermüdlich und hinterließ ein beeindruckendes Werk.
Wir führen Sie weiter in die Welt der Komponistinnen. Jede dieser Frauen hatte ihre eigene Geschichte, ihre eigenen Herausforderungen. Wir laden Sie ein, mit uns auf diese musikalische Entdeckungsreise zu gehen. Vielen Dank, dass Sie heute hier sind und diese Musik mit uns teilen!
Zwei französischen Liedern fort. Le Couteau („Das Messer“) stammt von Nadia Boulanger (1887–1979). Sie war eine der einflussreichsten Musikerinnen des 20. Jahrhunderts – bekannt als Komponistin, Dirigentin und vor allem als bedeutende Pädagogin. Am Pariser Konservatorium studierte sie bei Gabriel Fauré und komponierte Lieder, Kammermusik sowie eine Oper. Später widmete sie sich fast ausschließlich der Förderung junger Talente, darunter Leonard Bernstein, Aaron Copland und Philip Glass. Zu Igor Strawinsky pflegte sie eine enge Zusammenarbeit, unterstützte seine Werke und vermittelte zwischen traditioneller und moderner Musiksprache. Als erste Frau dirigierte sie renommierte Orchester wie die New Yorker Philharmoniker und das Boston Symphony Orchestra.
Lili Boulanger (1893–1918) war Nadias jüngere Schwester. Trotz schwerer gesundheitlicher Probleme – sie litt an einer chronischen Krankheit – schuf sie in ihrem kurzen Leben beeindruckende Werke und war die erste Frau, die den renommierten Prix de Rome gewann. Lilis Musik zeichnet sich durch außergewöhnliche Tiefe und Emotionalität aus. Ihr früher Tod im Alter von nur 24 Jahren hinterließ eine große Lücke in der Musikwelt und prägte auch ihre Schwester Nadia nachhaltig.
Sie werden hören, dass der Stil von Nadia irgendwie strenger klingt, wo Lilis Musik fließender, romantischer ist.
Amy Marcy Cheney Beach (1867–1944) war eine der ersten bedeutenden Komponistinnen und Musikerinnen der USA. Schon als Kind zeigte sie außergewöhnliche musikalische Begabung, begann früh zu komponieren und trat als Pianistin auf. Als erste amerikanische Frau, die eine Sinfonie schrieb, wurde ihre Gaelic Symphony 1896 begeistert aufgenommen. Mit nur 18 Jahren heiratete sie den 25 Jahre älteren Bostoner Arzt Dr. Beach und nahm die Rolle der gehorsamen Ehefrau mit wohltätigen Verpflichtungen an. Nur wenige öffentliche Auftritte jährlich erlaubte er ihr – und diese nur zu Wohltätigkeitszwecken. Immerhin erlaubte er ihr, ihre Werke unter ihrem neuen Namen Mrs. H.H.A. Beach zu veröffentlichen (H.H.A. sind die Initialen ihres Ehemannes).
Nach dem Tod ihres Mannes in 1910 blühte Amy Beach musikalisch wieder auf. Sie ging auf Konzertreisen, komponierte und setzte sich für die Förderung junger Musikerinnen ein. Sie kämpfte für eine umfassende Bildung und ermutigte Musikerinnen, trotz Ehe und Mutterschaft ihre künstlerische Tätigkeit fortzusetzen. In den 1920er-Jahren gründete sie mit gleichgesinnten Frauen die „Association of American Women Composers“ und wurde deren Vorsitzende.
Liza Lehmann (1862–1918) war eine britische Komponistin und Sängerin, die sich vor allem durch ihre kunstvollen Liedzyklen einen Namen machte. Zunächst als Sopranistin aktiv, gab sie ihre erfolgreiche Gesangskarriere nach ihrer Heirat auf und widmete sich ganz dem Komponieren. Ihr bekanntestes Werk, der Liederzyklus In a Persian Garden (1896), wurde ein großer Erfolg und machte sie international bekannt. Neben Liedern schrieb sie auch Operetten, Kindermusik und Chorwerke. Als erste Präsidentin der Society of Women Musicians setzte sie sich aktiv für die Förderung weiblicher Komponistinnen und Musikerinnen ein.
Vanda Albota spielt aus dem Zyklus „Cobweb Castle, Six Pianoforte Sketches: In the Owl´s Turret, Fly away, Ladybird, By the sundial, A Legend, Evensong, My Lady´s Sister
Paris, 8. August 1857. Cécile Chaminade kommt als Tochter wohlhabender Eltern zur Welt. Sie ist sehr musikalisch, aber ans Pariser Konservatorium darf sie nicht – das entscheidet ihr Vater. „Das schicke sich nicht für ein Mädchen ihres Standes.“
Doch zum Glück hat Cécile einen bekannten Fürsprecher: den Komponisten Georges Bizet, der sie seine „kleine Mozart“ nennt. Er sorgt dafür, dass sie eine fachgerechte Ausbildung bekommt – wenn auch nicht am berühmten Conservatoire…
Zu Lebzeiten war sie sehr populär, besonders auch in den USA und Großbritannien. Es wurden sogar sogenannte Chaminade-Clubs gegründet. Ihr größter Fan? Queen Victoria höchstpersönlich! Gegen Ende ihres Lebens geriet Chaminade weitgehend in Vergessenheit, ihre Musik galt als unmodern. Heute jedoch wird ihre charmante Musik umso mehr geschätzt und wieder vermehrt gespielt.
Alma Mahler... Eine unfassbar schillernde Persönlichkeit… Die Faszination für Alma und diese Lieder hat mich schon vor 20 Jahren erwischt, als ich sie mit Orchester und der großartigen Charlotte Margiono im Konzert gehört habe.
Wien, 11. Dezember 1910. Die Fünf Lieder von Alma Mahler werden uraufgeführt – am Klavier ihr früherer Lehrer und Geliebter Alexander Zemlinsky. Alma war noch sehr jung, als sie Gustav Mahler heiratete, und musste ihm versprechen, seine Musik über ihre eigene zu stellen. Jahre später gab er ihre Lieder schließlich zur Veröffentlichung an seinen Verleger. Doch für Alma war es da bereits zu spät, um noch ernsthaft eine Karriere als Komponistin zu verfolgen.
Die Jüngste, an der das Getöse der Welt noch vorübergeht.
Die Mittlere, voller Eifer für den von ihr wahrscheinlich als gerecht empfundenen Krieg – doch klingt in ihrer Musik unerwartet ein Moll, das zeigt, dass auch sie unsicher über das Schicksal ihres Geliebten ist.
Und dann die Dritte, wahrscheinlich die Älteste, mit mehr Lebenserfahrung. Sie kennt die Gefahren und Grauen des Krieges. Sie küsst einfach den Saum des Kleides ihres Liebsten… Text: Otto Erich Hartleben
Zwei Lieder von Poldowski… Lady Dean Paul… Warte mal – von wem genau?
Irena Regina Wieniawska war die Tochter des polnischen
Geigenvirtuosen und Komponisten Henryk Wieniawski und der Britin Isabelle Bessie Hampton.
Eine Kosmopolitin, geboren in Brüssel, lebte sie in London, Paris und den USA. Sie war wandlungsfähig, mutig und hochbegabt. Auch sie war zu ihrer Zeit sehr beliebt und arbeitete mit Berühmtheiten
zusammen, etwa mit den Komponisten Peter Warlock und George Gershwin, dem Pianisten Arthur Rubinstein oder dem Geiger Jacques Thibaud. Zudem war sie auch als Modedesignerin
tätig.
Beide Lieder sind nach Texten von Paul Verlaine.
Dora Pejačević (1885–1923)
Wie bei allen Komponistinnen hier sind die Schicksale dieser Frauen so interessant, so bewegend, dass es sich allemal lohnt, tiefer in ihre Geschichten einzutauchen. Auch Dora Pejačević hat uns bei unseren Nachforschungen sofort überzeugt.
Dora, Tochter einer kroatischen Adelsfamilie, wuchs in einem privilegierten Umfeld voller Kunst und Kultur auf. Doch spätestens nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 entwickelte sie ein starkes Bewusstsein für soziale Ungleichheiten. Sie war hochmusikalisch und erhielt privaten Musikunterricht in Klavier, Geige, Musiktheorie und Instrumentation – später auch in Zagreb, München und Dresden. Im Wesentlichen war sie jedoch Autodidaktin.
Sie organisierte und half während der gesamten Kriegszeit bei der Versorgung Verwundeter. Mit der Zeit distanzierte sie sich zunehmend von ihrem adeligen Status, setzte sich für die Rechte von Künstlern ein und stand in engem Austausch mit Intellektuellen und Schriftstellern. In ihrer Musik spiegelt sich dieser innere Wandel wider – von spätromantischer Eleganz hin zu einer ausdrucksstarken, tief empfundenen Tonsprache, die ihre persönliche und gesellschaftliche Reflexion hörbar macht.
„Vielfach begabt, zeitweise auch selbst literarisch aktiv,
lebte Dora Pejačević hauptsächlich in der Musik und für die Musik. Von Natur aus hochsensibel, komponierte sie „einem Seismographen ähnlich, der auf feinste Anregungen reagiert“ – in einer, wie sie
selbst sagte, „Trance der musikalischen Besessenheit“.
(Koraljka Kos, kroatische Musikwissenschaftlerin)
Germaine Tailleferre... (1892–1983) war die einzige Frau in der berühmten französischen Komponistengruppe Les Six, zu der unter anderem Francis Poulenc und Darius Milhaud gehörten. Obwohl Ihr Vater vehement gegen eine musikalische Karriere war, studierte sie am Pariser Konservatorium, wo sie zahlreiche Preise gewann. Inspiriert von Erik Satie und dem Neoklassizismus entwickelte sie eine elegante, klare Tonsprache, die von Leichtigkeit und Charme geprägt ist. Hören Sie mal in das Lied „La Légèreté“ wie sie spritzig mit den Word-Endungen „été..“ umgeht.
Doch hinter der scheinbaren Unbeschwertheit ihrer Musik stand ein bewegtes Leben mit persönlichen und finanziellen Herausforderungen. Sie komponierte bis ins hohe Alter und hinterließ ein vielseitiges Œuvre, das von Klavier- und Kammermusik bis hin zu Filmmusik und Opern reicht.
Aus: Six chansons Francaises
Selbstverständlich wird auch einen Zugabe vorbereitet sein... Welches, werden Sie dann beim Konzert erfahren....